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rik Januar 2017

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GESUNDHEIT FOTO: ISTOCKPHOTO.COM/DIEGO_CERVO Kommentar PREPERLAPAPP! Kaum ein Thema in der HIV-Prävention polarisiert gefühlt so wie die Präexpositionsprophylaxe (PrEP). Das ist erstens der Tragweite dieser zahlenmäßig überschaubaren Präventionsmethode nicht angemessen und zweitens ein trauriger Marker für verinnerlichten Ekel und Angst vor Sexualität. Kommt mal wieder runter! „Wer bareback vögeln will, soll die Konsequenzen tragen!“, „Kondome sind billiger und müssen auch selbst bezahlt werden!“ oder „Die vergessen ja, dass man sich auch mit anderen Krankheiten anstecken kann“. So und härter wird auf Facebook gegen die gewettert, die meinen, die Pille gegen HIV wäre eine Alternative oder Ergänzung zur Kondomnutzung. Was ist denn das für eine Einstellung? Wollen wirklich so viele Menschen behaupten, das Kondom sei irgendwie toll? Würde den Spaß am Sex steigern? Tut es nicht. Es nervt. Und manche nervt es so sehr, dass sie auch vor der neuen Möglichkeit PrEP drauf verzichtet haben. Sonst würde es keine Neuinfektionen mehr geben. HIV ist eine behandelbare chronische Infektion, die allerdings eine lebenslange, teure und mit Nebenwirkungen behaftete Medikamenteneinnahme erfordert. Jedes Mittel, eine Infektion zu verhindern, ist also zu begrüßen. Und wenn dieses Mittel nun mal ein HIV-Medikament ist, das für einen gewissen Zeitraum einer kleinen Zahl von Menschen hilft, sich nicht zu infizieren? Dann plötzlich soll schwuler Sex wieder etwas Ekliges, Dreckiges, Schlimmes sein, für das die Allgemeinheit Abscheu statt Geld übrig hat? Traurig! Das erinnert an dunkle Zeiten, in denen die Antibabypille die Sexualität der Frau aus der Dominanz der Männer befreite, aber von damals schon Ewiggestrigen als moralischer Sittenverfall gebrandmarkt wurde. So kommen wir nicht weiter. Fakten auf den Tisch: • Die PrEP wirkt gegen eine HIV-Infektion mindestens so gut wie das Kondom. • Die PrEP wird von Aidshilfen, Ärzten, UNAIDS und der WHO empfohlen. • Wer die PrEP verschrieben bekommt, muss regelmäßig zum Arzt und wird auf Geschlechtskrankheiten und HIV getestet (wann war dein letzter Test, Mister Moral?). • Die PrEP ist kein Gummibärchen, das auf Sexpartys verteilt werden soll. Wir sprechen über eine klar definierte Gruppe von Menschen, die ein höheres Ansteckungsprofil haben. Auf den folgenden Seiten stellen wir euch einen PrEP-User vor, der so gar nicht den Vorurteilen entsprechen mag. Wir berichten über den Stand der Finanzierungsfrage und zeigen anhand einer frischen Onlineumfrage, dass das Raunen auf Facebook mit der Realität nicht allzu viel zu tun hat. •ck

GESUNDHEIT Interview ICH BARE- BACKE NICHT! Matthias* ist Ende vierzig, HIV-negativ und verzichtet nur dann auf das Kondom, wenn er seinen Sexpartner so gut kennt, dass er ihm vertrauen kann. Dennoch PrEPt er regelmäßig. Ein Gespräch für alle, die pauschales Slut Shaming mit PrEP-Nutzern betreiben. BENUTZT DU IMMER KONDOME? Wenn jemand positiv und unter Therapie ist, würde ich auf Kondome verzichten. TROTZDEM BAREBACKST DU NICHT, HAST DU UNS GESAGT ... Richtig. Auf Sexpartys im Darkroom und bei Dates kenne ich die Menschen ja nicht und weiß nicht, ob sie eine erfolgreiche Therapie machen oder überhaupt getestet sind. Dann nur mit Kondom. WARUM HAST DU DANN ABER NOCH MEDIKAMENTE FÜR PREP UND PEP IN DER HAUSAPOTHEKE? Weil ich Risiken minimieren will. Es kann doch immer mal ein Kondom reißen oder man hat einfach nicht richtig aufgepasst. Wenn ich weiß, dass so was passiert ist, nehme ich am Morgen danach eine Tablette. Wenn ich zum Beispiel auf eine schwule Sexkreuzfahrt gegangen bin, hab ich die Tablette auch vorsorglich genommen, täglich. DIE EMPFEHLUNG IST ABER EINE RE- GELMÄSSIGE EINNAHME! Mein Arzt hat mir gesagt, die Wirksamkeit müsste auch bei dieser Form der Einnahme sehr hoch sein. Der Hersteller will natürlich eine dauerhafte tägliche Einnahme. (A. d. R.: Informationen zur Einnahme der PrEP gibt es beim Arzt und zum Beispiel unter www.aidshilfe.de/faq-prep; Studienergebnisse zur vom Interviewpartner erwähnten sogenannten anlassbezogenen Einnahme sind noch nicht abschließend veröffentlicht.) WAS IST DENN MIT DEN NEBENWIR- KUNGEN? Ich hatte vor Jahren mal einen Unfall mit einem Typen, der danach sofort sagte, dass er HIV-positiv und noch ansteckend sei. Da habe ich einen Monat lang die originale PEP verschrieben bekommen. Also Truvada und noch ein weiteres Medikament. Ich hatte keine Beschwerden. Und bei der jetzt nur seltenen Einnahme merke ich auch nichts. UND LANGZEITFOLGEN WIE NIEREN- WERTE? Ich gehe mindestens einmal im Jahr zur großen Vorsorgeuntersuchung, wo ich alles checken lasse. TRUVADA KOSTET RUND 800 EURO IM MONAT. WIE ZAHLST DU DAS? Na ja. Ich nehme es ja nicht durchgängig. Und ich kaufe es nicht hier. Ich habe einen Lieferanten aus Indien. Der verkauft mir schon seit über 10 Jahren das Potenzmittel Cialis. Ich zahle für das Truvada-Generikum 150 US-Dollar pro Packung. Der Originalpreis ist 2.000 Rupien, was etwa 27 Euro sind. Der Versand erfolgt über einen Umweg: zuerst in ein europäisches Land und von da aus dann als normale Warensendung nach Deutschland. HAST DU KEINE ANGST DAVOR, DASS DIE INDISCHEN MEDIKAMENTE SCHLECHTER SIND? Nein. Das sind ja dort die offiziellen Medikamente, die verschrieben werden. Mein Hausarzt ist selbst in der HIV-Forschung tätig und hat mir gesagt, dass selbst nach Ablauf des Verfallsdatums immer noch eine 98-prozentige Wirksamkeit garantiert ist. Und sollten da jetzt doch mal minimalste Verunreinigungen drin sein, weil die Herstellung nicht ganz unseren Standards entspricht: Schwanzlutschen ist dreckiger. •Interview: Christian Knuth *Name von der Redaktion geändert

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