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Leo September 2017

10 SZENE SICHERHEIT

10 SZENE SICHERHEIT PRÄGT DIE STADTPOLITIK FOTO: PRIVAT Das Thema Sicherheit prägt derzeit die Politik in München. Die Sicherheit der Szene spielt aber keine Rolle. Im Hebst werden die Münchner zu einem Bürgerentscheid über Kohlekraft gerufen. Die kommunalpolitische Kolumne von Abendzeitung-Lokalchef Felix Müller Ich habe derzeit häufig Angst am Hauptbahnhof. Angst, meine U-Bahn nicht zu erwischen. Das Chaos auf der U1/U2 ist wegen der Bauarbeiten am Sendlinger Tor oft richtig groß. Zuganzeigen stimmen fast nie. Wann welcher Zug auf welchem Bahnsteig einfährt: für den Laien kaum zu durchschauen. Keine Angst habe ich hingegen vor Schlägern, Pöblern, Drogendealern. Anderen geht es offenbar anders. Zumindest versuchte die CSU zuletzt, dieses Gefühl für sich zu nutzen. Vielleicht zunächst mal zu den Fakten: Es gab 2016 einen eklatanten Anstieg an Straftaten am Hauptbahnhof. Und zwar an Überfällen in der Nacht. Darauf hat die Stadt reagiert mit mehr Kameras, mehr Personal, bald auch einem städtischen Ordnungsdienst im Umfeld – und mit einem Alkoholverbot am Abend und des Nachts. Das Alkoholverbot kann man durchaus problematisch finden – schließlich ist es ganz offensichtlich nicht dazu da, das Biertrinken insgesamt zurückzudrängen. Sondern nur dazu gedacht, der Trinkerszene leichter Platzverweise erteilen zu können. Eine solche Ungleichbehandlung ist immer eine problematische Sache. Wirkung erzielt hat das Verbot aber offenbar auf jeden Fall. Laut Polizei sind die Probleme am Bahnhof deutlich zurückgegangen. Die Münchner CSU aber hält das nicht auf. Sie hat das alte Thema „Sicherheit“ (ältere Szene-Gänger erinnern sich an die KVR- Chefs Gauweiler und Uhl) wiederentdeckt und will den anderen Parteien immer noch einen Schritt voraus sein. Jetzt fordert die CSU, das Alkoholverbot auf den ganzen Tag auszudehnen, die Stadt soll so schnell wie möglich einen privaten Sicherheitsdienst engagieren. Außerdem sollen sich nur noch Menschen im Bahnhof aufhalten dürfen, die auch reisen wollen. Aufenthalt nur um des Aufenthalts willen, heißt es ganz im Ernst, soll verboten werden. Schade, dass der Nockherberg gerade nicht ansteht. Das gäbe jede Menge Stoff fürs Derblecken. Das Thema Sicherheit dürfte auf jeden Fall – auch und gerade nach den letzten Anschlägen, wegen der anstehenden Wiesn und der Bundestagswahl – die nächsten Wochen und Monate prägen. Die CSU hat auch Poller für die Fußgängerzone und den Marienplatz gefordert, um Lkw-Anschläge verhindern zu können. SPD und Grüne schienen zuletzt offen für die Idee. KVR und Polizei sind kritisch, wie das technisch umsetzbar sein soll – und verweisen darauf, dass sich Terroristen immer auch andere Wege suchen könnten für Anschläge. Was für ein seltsames Argument! So hätte man, als Terroristen begannen, Flugzeuge zu entführen, auch Sicherheitsschleusen an Flughäfen ablehnen können. Schließlich findet der Terrorismus immer seinen Weg, dann kann man ja auch gleich kapitulieren… Kein großes Thema im Rathaus ist hingegen nach wie vor die Sicherheit der Szene in der Stadt. Nach vermehrten Pöbeleien und auch Übergriffen in Innenstadt und Glockenbachviertel hofft etwa Grünen- Stadtrat Dominik Krause, dass sich das bald ändert. „Man muss auch Betreiber von Clubs ohne schwul-lesbisches Publikum und die zuständigen Polizeiinspektionen sensibilisieren“, sagt er. Wie? Krause schlägt eine Plakatkampagne vor, hofft, dass es irgendwann auch eine konkrete Anlaufstelle für Opfer homophober Gewalt gibt. Und kritisiert die Polizei dafür, dass es nach wie vor keine Statistiken gibt mit Zahlen zu den Übergriffen in der Stadt. „Es braucht eine Grundlage, um das Problem politisch zu diskutieren“, sagt er. „Das würde auch im Rathaus sehr helfen.“ Krause glaubt, dass man so auch bei der Polizei mehr Bewusstsein schaffen könnte. Kaum bewusst ist den meisten Münchnern wohl bisher, dass im Herbst mal wieder ein Bürgerentscheid ansteht. Anders als einst bei Allianz Arena, Olympischen Spielen oder Flughafen-Startbahn ist – wohl auch wegen der Bundestagswahl – der Entscheid über das Heizkraftwerk in Unterföhring kaum präsent. Die ÖDP hat die Entscheidung über den Kohleblock durchgedrückt, die am 5. November stattfinden wird. Es geht um die Frage, ob der Block schon 2022 abgeschaltet werden soll. Dass das ökologisch wäre, bestreitet niemand. Die Frage ist eigentlich: Wie viel ist das den Münchnern wert? Ein frühzeitiges Abschalten koste die Stadtwerke (SWM) bis zu 324 Millionen Euro, jammerte SWM- Boss Florian Bieberbach kürzlich. „Von dem Geld könnten wir auch 30 U-Bahnzüge bestellen“, sagte Bieberbach. Mal sehen, ob er die Münchner so überzeugen kann. Die Erfahrung alter Bürgerentscheide spricht eher dafür, dass die Mehrheit sich sagt: Kohlekraft weg klingt gut – und die ökologisch bewegten Münchner eher zur Wahl gehen als die Mehrheit, der es dann halt irgendwie doch auch einfach wurscht ist.

Spielzeit 2017 2018 Ballettabend – Junge Choreographen, Der Widerspenstigen zähmung, Spartacus, Romeo und Julia, Alice im Wunderland, portrait Wayne McGregor, Don Quijote, Giselle, Raymonda, Anna Karenina, ein Sommernachtstraum, Onegin, la Bayadère, la Fille mal gardée Info / Karten T 089 21 85 19 20 www.staatsballett.de Gestaltung Bureau Borsche Foto Carlos Quezada Tänzer Ksenia Ryzhkova, Jonah Cook

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