Aufrufe
vor 6 Jahren

hinnerk September 2017

MUSIK LARA FABIAN

MUSIK LARA FABIAN INTERVIEW FOTO: MEHMET TURGUT „Der Kampf ist noch lange nicht vorbei!“

Die kanadisch-belgische Sängerin hat über 20 Millionen Tonträger verkauft, ist eine Ikone der LGBTIQ*-Bewegung, sang Duette unter anderem mit Josh Groban, war auf den Soundtracks zahlreicher Hollywood-Filme und bestritt Auftritte bei Olympia. Auf ihrem dritten englischsprachigen Album „Camouflage“ thront ihre tolle Stimme über einer Mischung aus Elektropop und Orchestersounds. „I Will Love Again“ hieß im Jahr 2000 deine erste englischsprachige Single, mit der dir auf Anhieb ein internationaler Hit gelungen ist. Ich mag das Lied immer noch. Es hat so viel Enthusiasmus und eine kraftvolle Aussage. Und natürlich hat der Song auch viel für mich und meine Karriere getan. Trotzdem hast du in den letzten Jahren lieber französischsprachige Platten aufgenommen. Mit „Camouflage“ veröffentlichst du nun erstmals seit 14 Jahren ein Studioalbum in englischer Sprache. Jedes Album repräsentiert eine neue Ära für mich. Diesmal fühlt es sich wie ein Neustart an, und das ist unheimlich aufregend. Ich habe schon Songs in Italienisch, Französisch und Spanisch geschrieben. Es ist nicht unbedingt einfacher, auf Englisch zu schreiben, aber es erschien mir passender, um die Emotionen rüberzubringen. Der Klang der englischen Sprache bringt mit sich, dass auch zwischen den Worten etwas mitschwingt. Hast du denn jetzt wieder Welteroberungspläne geschmiedet? Oh mein Gott, das klingt ja furchtbar! (lacht) Musik hat für mich nichts mit Eroberung oder Rebellion zu tun, sondern sie verbindet Menschen über Emotionen. Diese Verbindung ist das einzige Ziel, was ich mit der Platte verfolge. Ich will Leuten vermitteln, dass wir alle gemeinsam auf dieser Reise sind, anstatt jeder für sich alleine. Es geht um Humanität, denn wir sind uns unglaublich ähnlich. Du hast viele Fans in der LGBTIQ*- Community. Wie wurdest du zur Szene-Ikone? Das hat sich über die Jahre so entwickelt. Ich singe über Respekt, Liebe, Toleranz und Zusammengehörigkeit und kämpfe seit zwei Jahrzehnten gegen Unterdrückung von Identitäten und für Gleichberechtigung. Mit „Deux ils, deux elles“ veröffentlichte ich einen Song über die Liebe zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen, mit „La différence“ Ende der Neunziger ein Lied gegen Homophobie. Ich singe das Lied heute noch überall in der Welt bei meinen Konzerten, erst recht in Osteuropa, Russland und im Nahen Osten. Und ich bin sehr stolz drauf, mit meiner Musik ein Teil der Community zu sein. Dass der Kampf noch lange nicht vorbei ist, wird mir gerade in diesen rauen Zeiten immer wieder bewusst. Hast du viele schwule Freunde? Die habe ich. Was ich an ihnen bewundere ist, dass sie die Masken, die wir alle tragen, ablegen und sich weniger den Limitierungen der Gesellschaft unterwerfen. Da ist eine andere Sensibilität für Identität vorhanden. Das stelle ich auch immer wieder bei meinen Freunden fest. Du wirst gern als Diva bezeichnet. Dabei kommst du im Gespräch gar nicht divenhaft rüber. Das Wort Diva steht ja auch nur in Künstlerkreisen für eine fordernde und überhebliche Person, weil der Begriff in unserer Gesellschaft völlig verdreht eingesetzt wird. In der Mythologie ist eine Diva göttlich und ehrwürdig. Für mich bedeutet das nichts anderes, als menschlich zu sein und entsprechend meiner Natur. Insofern fasse ich es weder als Kompliment noch als Schimpfwort auf, wenn mich jemand als Diva bezeichnet. Du wirst oft mit Céline Dion verglichen. Nervt dich das eigentlich? Wie könnte es mich nerven, mit einer so fantastischen Sängerin verglichen zu werden? Die Leute brauchen nun mal Referenzpunkte. Céline und ich haben ähnliche Ursprünge, nahmen beide 1988 am Eurovision Song Contest teil. Ihre Karriere hat allerdings seither eine andere Dimension. Mehr zu tun hatte ich mit Barbra Streisand – sie sang einen meiner Songs. Auf jeden Fall bin ich bei ihnen in bester Gesellschaft, denn die Beiden gehören zu den ehrenhaftesten Diven überhaupt. Vor drei Jahren sah es mit deiner Gesangskarriere allerdings gar nicht rosig aus: Bei einem TV-Auftritt hat ein Tontechniker dir versehentlich ein Signal von 1 Kilohertz aufs Ohr gelegt – mit fatalen Folgen. Das war eine schlimme Zeit. Ich konnte Musik nicht mehr hören und auch nicht das Lachen meiner Tochter oder die Stimme meines Mannes. Es ist schrecklich, wenn ein Mensch einen seiner Sinne verliert. Aber als Musikerin, Songschreiberin und Sängerin nichts mehr zu hören, ist dramatisch. Stille kann schön sein, aber wenn sie erzwungen ist, wie durch meinen Unfall, dann musst du dein ganzes Leben überdenken. Ich habe in der Zeit sehr viel über mich gelernt, zum Beispiel, dass ich stärker bin, als ich dachte. Und dass ich geduldig sein muss, weil Panik nichts bringt. Ich konzentrierte mich darauf, Ehefrau, Mutter und Tochter zu sein. Ich verlor aber nie den Glauben daran, dass mein Gehör zurückkommt. Und wie geht es dir heute? Mein linkes Ohr ist nicht komplett wiederhergestellt, und ich höre Musik heute anders. Aber es geht mir gut. Ich habe ein großes Verlangen nach Stille. Um laute Restaurants mache ich einen großen Bogen. Und wenn ich doch an einem lärmenden Platz sein muss, versuche ich, mich in mein Innerstes zurückzuziehen. Das lernt man nach so einer Sache auch. Auf der Bühne vertraust du aber keinem mehr, oder? Nein, das fällt mir schwer. Ich habe jetzt immer meinen eigenen Tontechniker dabei. Ich hatte aber nie Hassgefühle gegenüber dem Mann, der den Unfall verschuldet hat. Er tat mir sogar leid, denn er hat danach alles verloren. Er hat sich dazu entschieden, etwas anderes mit seinem Leben anzufangen. Wir haben beide unsere Lehren aus der Sache gezogen. Und letztendlich muss ich sagen, dass ich auch viel Glück in den letzten Jahren hatte. Inwiefern? Ich bin dreimal knapp einem Terroranschlag entkommen. Bei den Terroranschlägen in Paris, Brüssel und Istanbul war ich entweder knapp davor oder danach an dem Platz, wo es passierte. Ich muss also einen außerordentlichen Schutzengel haben, der über mich wacht. Anders kann ich mir das sonst nicht erklären. *Interview: Katja Schwemmers Album: Lara Fabian „Camouflage“, 9 Productions/ VÖ: 6.10. MUSIK LARA LIVE 15.3. München – Zenith Kulturhalle 17.3 Düsseldorf – Mitsubishi Electric Halle 19.3 Frankfurt - Jahrhunderthalle 21.3 Berlin - Tempodrom 23.3 Hannover – Hannover Congress Centrum Kuppelsaal 11.4 Vienna – Wiener Stadthalle Halle F

Unsere Magazine

Aus den Regionen
Unsere KI-Newsletter

Unsere News

About us

blu, hinnerk, gab, rik, Leo – die Magazine der blu Mediengruppe erscheinen monatlich in den Metropolen Deutschlands. Themenschwerpunkte sind neben der regionalen queeren Szene, Kultur, Wellness, Design, Mode und Reise. Mit männer* ergänzt seit 2021 Deutschlands einziges bundesweit erscheinendes kostenloses Männeresundheitsmagazin den Kiosk.