Aufrufe
vor 7 Jahren

GAB November 2016

  • Text
  • Frankfurt
  • Gasse
  • Szene
  • Kultur
  • Friedberger
  • Erotik
  • Sauna
  • Kino
  • Stuttgart
  • Eintritt
  • November

Frankfurt 4 FOTO: BJÖ

Frankfurt 4 FOTO: BJÖ Wertvolle Bekanntschaften Interview ROSA PATEN Das Generationen übergreifende Projekt „Rosa Paten“ der AIDS-Hilfe Frankfurt bringt schwule Senioren und jüngere Schwule zusammen – alt trifft jung, jung trifft alt. Im November feiern die Rosa Paten ihren 10. Geburtstag. Im Gespräch erklären die Initiatoren Norbert Dräger und Helmuth Ehrenberg das Projekt. WIE KAM ES ZUR IDEE DER ROSA PATEN? Norbert: Bei mir stand das damals schon länger im Raum. Ich stehe in Kontakt mit den schwulen Beratungsstellen in der Bundesrepublik, und in Köln, München und Berlin gab es damals schon solche Projekte, die als Vorbild dienten. Ich hatte allerdings keine Idee, wie ich das in Frankfurt umsetzen könnte. Und dann hat sich Helmuth gemeldet. Helmuth: Das war wirklich ein ganz irrer Zufall. Ich hatte vom Kölner Projekt erfahren. Mit der AIDS-Hilfe Frankfurt oder dem Switchboard hatte ich damals noch gar nichts zu tun, ich arbeite als Flugbegleiter und wollte in meiner Freizeit einfach etwas Sinnvolles tun. DAS IST JA EINE TRAUMHAFTE GE- SCHICHTE! ERKLÄRT DOCH IN EIGENEN WORTEN GANZ KURZ, WIE DAS ANGE- BOT AUSSIEHT. Norbert: Die Rosa Paten sind ein Besuchsdienst, der hauptsächlich von Ehrenamtlern getragen wird und von Hauptamtlichen organisiert ist. Die momentan 12 ehrenamtlichen Mitarbeiter organisieren wöchentlich eine Freizeitbegleitung mit und für die Senioren. Dabei hat jeweils ein Senior einen Rosa Paten als Ansprechpartner. Manchmal kann es hilfreich sein, wenn zwei Leute einen Senioren betreuen, das hängt davon ab, wie viel Zeit man mitbringt. Es gibt ausdrücklich keine Pflege- oder hauswirtschaftlichen Tätigkeiten, sondern es geht wirklich darum, gemeinsam Freizeit zu verbringen. Wie man die ausfüllt, kann das Paten-Paar selbst entscheiden. Helmuth: Ich habe zum Beispiel einen Senioren betreut, der leider kürzlich verstorben ist. Er lebte in einem Seniorenheim, dort habe ich ihn besucht. Wir haben uns viel unterhalten und oft alte Fotos angeschaut. Er war Lehrer und viel auf Reisen. Wir haben auch oft übers Outing gesprochen. Er hatte zum Beispiel sein Coming-Out erst mit 70 Jahren – umso erstaunlicher war es, dass er sich geöffnet hat und diese Dinge erzählt hat. Als Besuchsdienst von Schwulen für Schwule können wir immer eine besondere Atmosphäre schaffen, weil wir mehr Zeit haben, um uns mit den Menschen zu beschäftigen. Im Pflegeheim-Alltag ist das so oft nicht gegeben. Das macht uns natürlich umso wertvoller! FÜR DIE SENIOREN BEDEUTET ES BE- STIMMT IMMER AUCH EIN STÜCK WEIT ÜBERWINDUNG, EIN SOLCHES ANGEBOT ANZUNEHMEN? Norbert: Ja, generell haben Männer, egal ob schwul oder hetero, Probleme, den Gedanken zu akzeptieren, auf fremde Hilfe und Unterstützung angewiesen zu sein. Männer ziehen sich eher zurück und machen die Tür zu. Bei Schwulen ist es vielleicht nochmal ein bisschen schwerer, weil gerade die ältere Generation mit dem Thema der Diskretion aufgewachsen ist. Die haben alle noch den Paragraf 175 und die Strafverfolgung erlebt, entweder persönlich als unmittelbar Betroffene oder von Bekannten, und das hat das Lebensgefühl geprägt: Niemand darf von der Homosexualität erfahren, die Nachbarn nicht, die Arbeitskollegen nicht, die Verwandtschaft möglichst auch nicht. Diese Diskretion ist einfach ins alltägliche Leben übergegangen, und dann kann man das nur schwer im Alter einfach wieder ablegen. HELMUTH, WAS HAT DIE ERFAHRUNG MIT DEN SENIOREN MIT DIR GEMACHT? Helmuth: Ich habe in den vergangenen Jahren vier Senioren betreut, und rückblickend betrachtet kann ich sagen, dass es eine tolle Lebenserfahrung ist und eine große Bereicherung. Man lernt interessante Menschen kennen, hat ein ganz nettes, unbefangenes Verhältnis, und weil man schwul ist, auch gleich eine gemeinsame Ebene. Von den Senioren bekommt man oft echte Dankbarkeit zurück. Es wird sehr wertgeschätzt, dass sich Freundschaften entwickeln. Für mich macht es einfach auch Sinn, als jüngerer Mensch etwas für einen älteren Menschen zu tun, dieser Communitygedanke eben. Die schwulen Senioren haben oft keine Familie, der Partner ist gestorben und die Kontakte zu alten Freunden sind über die Jahre

5 Frankfurt eingeschlafen. Ich bin 40 Jahre, und unter den Ehrenamtlern eigentlich der jüngste. Ursprünglich war die Idee, dass sich über die Rosa Paten verschiedene Generationen zusammenfinden. In der Praxis ließ sich das bisher aber leider so nicht umsetzen. Das Interesse von jungen Leuten ist da bedauerlicherweise eher gering. DAS BEDEUTET, IHR SEID AUCH AUF DER SUCHE NACH NEUEN ROSA PATEN? WELCHE VORAUSSETZUNGEN SOLLTE MAN MITBRINGEN? Norbert: Man sollte pro Woche vier bis fünf Stunden Zeit haben, die man einfach so verschenken kann. Das ist im Prinzip das Wichtigste. Und man sollte offen sein und den Menschen zugewandt sein. Empathisch, locker und offen. Ich stelle den ersten Kontakt mit dem Senioren her, treffe ihn und stelle unser Projekt vor. In der Gruppe wird dann besprochen, für wen das gut passen würde. Beim zweiten Termin lernen sich die beiden kennen, das begleite ich auch. Wir vereinbaren immer auch eine Probezeit, um herauszufinden, ob es mit beiden Seiten funktioniert. Da gab es schon alles, von Fällen, wo es gar nicht gepasst hat, bis hin zu Fällen, wo der Senior sich richtig gefreut hat, dass wir einen guten Paten als Begleitung gefunden haben. Interessierte können sich jederzeit bei mir im Switchboard melden und dann schauen, ob die Freizeitbegleitung was für einen ist. • Interview: Björn Berndt Kontakt zu den Rosa Paten über die AG36, Alte Gasse 36, Frankfurt, Norbert Dräger ist über 069 13387930 erreichbar, mehr Infos über www.frankfurt-aidshilfe.de/content/rosa-paten ROSA PATEN – DAS JUBILÄUM Die Rosa Paten laden anlässlich ihres 10-jährigen Jubiläums zu einem umfangreichen, zweitägigen Kulturprogramm ins Switchboard. Gezeigt werden Kinofilme, die sich mit älteren Schwulen befassen. Den Auftakt macht am 25.11. die niederländische Dramödie „Matterhorn“ von Diederik Ebbinge: Als der ordnungsliebende Witwer Fred dem sanftmütigen Landstreicher Theo das Ja-Wort gibt, bricht ein wahrer Sturm in Freds kleinem, spießigen Heimatort los. Ein mit trockenem Humor ausgestattetes Plädoyer fürs Anderssein, das jede Menge Filmpreise einheimste. Am 26.11. kommt mit „Boulevard“ der letzte Film mit Robin Williams ins Switchboard. Das Leben von Nolan und seiner Ehefrau ist ruhig und beschaulich. Als er den jungen Stricher Leo kennenlernt, muss er sich eingestehen, dass er mehr als väterliche Gefühle für den Jungen hegt. Im Anschluss findet ab 18 Uhr unter dem Motto „Den Anschluss nicht verlieren“ die Abschlussveranstaltung des Rosa Paten Jubiläums statt: Die Arbeit der Rosa Paten wird in Interviews und Gesprächen vorgestellt. Im Anschluss gibt es eine Show von und mit dem Frankfurter Kabarett-Duo Tony Riga und Chantal Chabraque, das mit einem eigens für den Abend zusammengestellten Programm aus Liedern, Conferencen und Geschichten für Stimmung sorgt – inklusive Schneegestöber und dem einzigartigen Knalltütenorchester. •bjö 25. und 26.11., 10 Jahre Rosa Paten, Switchboard, Alte Gasse 36, Frankfurt, Filmvorführungen jeweils ab 15:30 Uhr, Abschlussveranstaltung am 26.11. ab 18 Uhr, www.switchboard-ffm.de tour-house präsentiert eine Produktion von Stage Entertainment Ich war noch nIemals In new york 04.11. – 11.12.2016 Colosseum Theater Essen 16.12.16 – 07.01.17 Alte Oper Frankfurt TICKETS: An allen VVK Stellen • 0 18 06 / 57 0 99* • www.eventim.de VON *0,20 EUR/Anruf – Mobilfunkpreise max. 0,60 EUR/Anruf WWW.SCHAUSPIELFRANKFURT.DE KARTENTELEFON 069.212.49.49.4 PRINZ FRIEDRICH HOMBURG HEINRICH VON KLEIST REGIE MICHAEL THALHEIMER PREMIERE 4. NOVEMBER 2016 SCHAUSPIELHAUS

Unsere Magazine

Aus den Regionen
Unsere KI-Newsletter

Unsere News

About us

blu, hinnerk, gab, rik, Leo – die Magazine der blu Mediengruppe erscheinen monatlich in den Metropolen Deutschlands. Themenschwerpunkte sind neben der regionalen queeren Szene, Kultur, Wellness, Design, Mode und Reise. Mit männer* ergänzt seit 2021 Deutschlands einziges bundesweit erscheinendes kostenloses Männeresundheitsmagazin den Kiosk.