Aufrufe
vor 7 Jahren

blu November 2016

Mode Interview AUERBACH

Mode Interview AUERBACH JAN-HENRIK M. SCHEPER-STUKE Einst Edsor Kronen, jetzt Auerbach Manufaktur Berlin: Krawatten, Schleifen, Einstecktücher, Schals und andere hochwertige Herrenaccessoires. Hier ist unser Interview mit dem Geschäftsführer der Traditionsmarke. WIE KAMST DU ZU AUERBACH? Im Jahr 2009 bin ich bei Edsor eingestiegen, ein Unternehmen, das meinem Patenonkel gehörte. Die Firma Edsor Kronen war damals schon über 95 Jahre alt. Firmen, die sich nur auf Krawatten, Schleifen, Schals und Dressing Gowns spezialisierten, waren nicht mehr marktfähig. Die großen Marken wie Boss konnten das bedienen, was in den vielen Jahren davor die spezialisierten Einzelhändler angeboten hatten. Die Zeiten hatten sich geändert, große Marken boten Gesamtpakete an, die den gesamten Textilbereich abdeckten. Kleinere Unternehmen hatten immer weniger die Chance, individuell ihre Einkäufe gestalten zu können. Die großen Firmen bestimmten den Einkauf, weil der Einzelhändler gezwungen wurde, sogenannte Gesamtpakete in ihr Sortiment mit aufzunehmen. Das Diktat der großen Kaufhäuser, Ware nur dann zu führen, wenn „pay when sold“ akzeptiert wurde, das heißt: Eingekauft wurde viel, die Ware wurde erst dann dem Fabrikanten bezahlt, wenn diese verkauft war, der gesamte restliche Warenbestand wurde zurückgeschickt. Das war der gewaltigste finanzielle Einschnitt, den es je gab. Löhne, Gehälter, Mieten, eigene Warenrechnungen mussten bezahlt werden. Durch dieses System gerieten viele kleine Firmen in eine gewaltige Schieflage. Es begann das sogenannte Sterben des individuellen Einzelhandels. Nach meinen Eintritt in die Firma begann ich sofort mit dem Marketing, die Firma durch Publicity in die Öffentlichkeit zu bringen. Im Jahr 2013 entschieden wir uns, einen Investor in die Firma zu holen. Der hatte außer vielen Ideen leider nichts Konstruktives zu bieten. Da bisher alles über Vertrauen auf das versprochene Wort lief, gerieten wir in eine gefährliche Schieflage, die leider in einer Insolvenz endete. Nach dieser leider traumatischen Erfahrung der Abwicklung des Unternehmens, entschieden wir uns für einen Neustart. DA ENDET DIE GESCHICHTE ABER EBEN NICHT. Nein, im Gegenteil. Nach der angemeldeten Insolvenz gab es zwei Möglichkeiten: Studiere ich nun doch weiter und werde Anwalt oder mache ich PR? Wir entschieden uns für einen anderen Weg: Wir hatten alle Kompetenzen und das nötige Know-how, um einen Neustart zu beginnen. Wir berieten uns gemeinsam und erfuhren zu unserer Freude, dass das gesamte Team der damaligen Edsor Kronen sich bereit erklärte, mit uns eine neue Zukunft aufzubauen. Die bereits von Edsor geleiteten Einzelhandelsgeschäfte wurden gekündigt, und uns wurden die Mietverträge übertragen. Was für ein einmaliges Glück. So gründete ich die AUERBACH MANUFAKTUR Berlin. WAS SO NEU ABER NICHT IST. Ganz genau. Ich hatte den Namen AUERBACH durch Recherchen in der Historie der Firma wieder im Kopf, als es an die Namensfindung ging für das neue Projekt: Ildefons Auerbach. Ein jüdischer Unternehmer, der seit 1912 eine Produktion zur Herstellung von Krawatten hatte. Er wurde leider 1939 gezwungen, sein Label aufzugeben. Nach dem Krieg wurde die Firma unter dem Namen Edsor Kronen bekannt. Dass wir jetzt AUERBACH MANUFAKTUR Berlin heißen, ist eine Verneigung vor ihm, wir führen sein Unternehmen fort. Meine Recherchen haben ergeben, dass Herr Ildefons Auerbach als sehr vermögender Mann in Hollywood 1946 verstarb. INSOFERN IST DER NEUE NAME JA AUCH

TESTSIEGER WESENTLICH POSITIVER BESETZT. Unbedingt. Dass die Firma Edsor irgendetwas mit dem Dritten Reich zu tun hatte, wusste niemand, bis zu dem Punkt, als ich mit einer Historikerin tief in die Geschichte des Unternehmens eindrang. Der Vater meines Patenonkels wurde erst im Jahre 1951 Teil des Unternehmens. HAST DU EIN HIGHLIGHT IN DER AKTU- ELLEN KOLLEKTION? Wir entwerfen permanent über das gesamte Jahr verteilt diverse Kollektionen für Krawatten, Schleifen, Schals etc., die monatlich in die Läden geliefert werden, um dort in Handarbeit hergestellt zu werden. Die einzelnen Produkte werden sehr gründlich kontrolliert, bevor diese in den Verkauf kommen. Unter anderem produzieren wir zeitlose Stücke, die man als gepflegt aussehender Mann haben sollte. Man muss diese Stücke nicht haben, aber man kann und sollte. (grinst) Eine rosa Schleife ist eine rosa Schleife, die ist zeitlos. Wir produzieren immer. Nur zwei bis drei Einzelstücke pro Farbe. Es sind immer exklusive Stücke – hier in der Berliner Manufaktur produziert. Wir haben vor einem Jahr mit einem guten Start begonnen, was wir in unseren kühnsten Träumen nie gedacht hatten. Wir wachsen langsam und stetig mit Bedacht und sind in unseren Plänen dabei, unsere Kompetenzen zu erweitern. SICHER KAUFEN GERNE PAARE ZUR HOCHZEIT BEI EUCH EIN … Ja, aber nicht nur. (grinst) Wir haben viele „sehr interessante“ Kunden, die einen auch für uns sehr inspirierenden Geschmack haben und mit viel Enthusiasmus sich aus unserem vielseitigen Lager individuell Pochettes mit den passenden Krawatten oder Schleifen aussuchen können und für sich anfertigen lassen. Auch hier sucht man gemeinsam die zu fertigenden Teile aus, und es sind nicht immer nur Männer und Frauen. Hochzeitspaare stellen sich teilweise sehr witzige Farbkombinationen für Westen, Schleifen und Schals zusammen, die starken Einfluss haben auf unsere neuen Kollektionen. •Interview: Michael Rädel www.auerbach. berlin 1) Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über Parship Jetzt parshippen 1) Hochrechnung aus Nutzerbefragung 2013, weltweit

Unsere Magazine

Aus den Regionen
Unsere KI-Newsletter

Unsere News

About us

blu, hinnerk, gab, rik, Leo – die Magazine der blu Mediengruppe erscheinen monatlich in den Metropolen Deutschlands. Themenschwerpunkte sind neben der regionalen queeren Szene, Kultur, Wellness, Design, Mode und Reise. Mit männer* ergänzt seit 2021 Deutschlands einziges bundesweit erscheinendes kostenloses Männeresundheitsmagazin den Kiosk.