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blu Februar 2018

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MUSIK COMEBACK WELTSTAR

MUSIK COMEBACK WELTSTAR JUSTIN TIMBERLAKE Ein besonders gutes Händchen für Albumtitel hatte Justin Timberlake ja noch nie, aber über „Man of the Woods“, wie sein neustes Werk nun heißt, muss man wahrscheinlich noch das ganze Jahr über kichern. Dabei scheint es auf den ersten Blick so, als wolle Justin sich mit seinem vierten Album praktisch neu erfinden und gleichzeitig seine Wurzeln erforschen, freilegen und aufnehmen. „It’s personal“, sagt er – doch dabei bezieht er sich dann doch viel eher auf die inhaltliche Ebene als die musikalische, denn die prägenden Themen sind sein Sohn und seine Ehefrau Jessica Biel. Wir wissen ja alle, dass er ein glücklicher Mann ist, doch jetzt lässt er uns richtig daran teilhaben, ob wir wollen oder nicht. Allerdings: Wie sollte er sich auch sonst fühlen, und worüber soll er auch sonst berichten, bei einem Leben wie seinem? Und natürlich – es ist ja nicht so, dass man es ihm nicht gönnt! Justin scheint einer der ganz wenigen zu sein, dem das Aufwachsen als Kinderstar beim „The Mickey Mouse Club“ nicht das ganze Selbstbild ruiniert hat, er ist eine der seltenen Ausnahmen, denen das Leben und der Rummel in einer Boyband nicht das Ego aufgeblasen und zerstört hat, und dann ist er auch noch einer der wirklich Glücklichen, denen der Erfolg als Solosuperstar nicht den Verstand gekostet hat. Irgendwie schien Justin immer einfach nur wahnsinnig viel Spaß daran zu haben, Entertainer zu sein, was ja unter anderem auch seine unprätentiöse Auswahl an Filmrollen bestätigt. Abgesehen davon, dass er vor vielen Jahren dabei geholfen hat, Janet Jackson einen ihrer Nippel freizulegen (wie immer sie darauf kamen, dass das eine gute Idee wäre) und damit ihre Karriere für viele Jahre zu ruinieren, kann man Justin wirklich nicht viel vorwerfen. Der einzig echte Grund, Justin Timberlake nicht zu mögen, war letztlich schon immer, dass ihn eigentlich alle mögen. Ein wichtiger Teil seines Geheimnisses ist dabei, dass es ihm bis heute gelang, niemandem zu sehr auf die Nerven zu gehen – für einen Star seines Formats macht er sich nämlich eher rar, er hat keine nennenswerten Skandale, er bläst sich nicht

ständig über die sozialen Medien auf, und seit den beiden „The 20/20 Experience“- Alben sind ja auch schon wieder fast fünf Jahre vergangen. Es blieb also viel Zeit, um zurückzublicken. Und deshalb reminisziert der Junge aus Tennessee auf „Man of the Woods“ auch über seinen ganz persönlichen Karriereweg von Memphis, wo er aufgewachsen ist, bis zu dem Punkt, an den ihn sein Glück bis heute geführt hat. Dabei hat sich der 36-Jährige laut der Promotion-Abteilung seiner Plattenfirma angeblich zum Ziel gesetzt, den Sound traditioneller amerikanischer Rockmusik mit modernen musikalischen Einflüssen zu kombinieren. Klar, in einer Zeit, in der die größten Countryhits in den Staaten auf Hip-Hop-Beats basieren, müsste sich Justin gar nicht so weit strecken oder seine Komfortzone verlassen, um die Tradition seiner Heimat in seinen Sound zu verweben. Tut er aber gar nicht so sehr. Wer nach den Ankündigungen erwartet hat, dass er es Miley Cyrus und ihrem letzten Album gleichtut (das wirklich zurück zu den Wurzeln ging) oder dass er so tief in sich selbst gräbt, wie Lady Gaga es auf „Joanne“ tat, ließ sich vom Presserummel und dem Teaservideo – in dem es wirklich so aussieht als würde Justin auf Bon Ivers Spuren wandeln – an der Nase herumführen. Letztlich bleibt alles beim Alten: Auch die neuen Tracks hat er wie immer mit seinen Freunden Pharrell Williams und Chad Hugo aka The Neptunes und mit seinem Buddy Timbaland – dem es nach jahrelangem Missbrauch von OxyContin endlich wieder besser geht – geschrieben und aufgenommen. Was nur zu begrüßen ist, denn egal wie viel Spaß man vor zwei Jahren mit der Single „Can’t Stop This Feeeling“ hatte: Was wir 2018 bei aller Liebe definitiv nicht brauchen, sind noch mehr Sänger, die sich von Megasongwriter und Hitproduzent Max Martin einfach bedienen lassen. So stand dann auch, was den Sound angeht, gar kein großes Konzept hinter den Aufnahmen zu „Man of the Woods“. Koproduzent und Timbaland-Intimus Danja (der schon seit „Future Sex/Love Sounds“ zum Team gehört) beschrieb es in einem Interview mit Complex so: „Ich erinnere mich, dass ich ins Studio kam und fragte: ,Wie wird der Vibe sein?‘ Er hob nur seine Hände und meinte: ,Das ist der Vibe.‘ Und was er anhatte, war ein Flanellhemd, seine Adidas und eine Jeans. Er war unrasiert und hatte eine Mütze auf. Genau das war der Vibe.“ Wenn man die talentiertesten Produzenten und Songwriter im Studio hat, kann man es eben locker angehen lassen, und so haben sie wie immer in entspannter Atmosphäre an Beats und Melodien geschraubt. MUSIK Wie schon bei „The 20/20 Expierence“ haben sie dabei wieder nicht geschaut, welche Trends gerade sonst so in der Musikwelt stattfinden – was damals ja zu einem ziemlich experimentellen Klang des Albums geführt hat. Dieses Mal erinnert das Verhältnis von Timbaland- und Neptunes-Songs allerdings wieder stark an das Solodebüt „Justified“ von 2002, und schon die erste Single „Filthy“ lässt auf viel Funk und Groove schließen, der sich weder im leeren Bombast der aktuellen Popsongs verliert noch dem depressiven und ins sich gekehrten R ’n’ B der letzten Jahre nacheifert. Mr. Timberlake ist letztlich schon immer oldschool gewesen, und selbst wenn er auf Timbalands futuristische Beats sang, war er immer eher ein cooler Crooner, der sich an den alten Soullegenden orientiert. Dieser Mann hat einfach Stil. Was wohl auch der letzte Punkt für seinen lang anhaltenden Erfolg ist: Justin Timberlake hat sich selbst zeitlos gemacht. Wem ein Anzug so steht wie ihm, der braucht sich eben nicht an Trends zu hängen. Entweder er setzt sie selbst, bleibt klassisch oder vermischt Vergangenheit und Gegenwart. Das gilt ebenso für seine Restaurants und sein Modelabel „William Rast“ – und natürlich für „Man of the Woods“. Und da gibt es dann auch gar nichts mehr zu kichern. *fis FOTO: RYAN MCGINLEY

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